Martin Klein im Cash.-Interview: „Überflüssiger Gesetzgebungsakt“
Das Bundeswirtschaftsministerium hat den lange erwarteten überarbeiteten Entwurf für die Neufassung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) auf seine Website gestellt. Das Taping kommt, wie finden Sie das?
Es war leider zu erwarten, dass auch im überarbeiteten Entwurf der FinVermV am Taping festgehalten wird. Jedes Unternehmen muss nun entscheiden, ob es sein telefonisches Beratungsangebot aufrechterhalten möchte.
Mit der Möglichkeit, weiterhin auf Provisionsbasis tätig werden zu können und auch der überarbeiteten Zielmarkt-Regelung wurden bei der Neufassung der FinVermV zentrale Forderungen unseres Verbands erfüllt. Bedauerlich ist eine Tendenz, die häufig bei der Weiterentwicklung von auf EU-Richtlinien basierenden Gesetzgebungsakten zu beobachten ist.
Legt man die heute geltende FinVermV neben den Neuentwurf, zeigt sich, dass aus einem vormals in sich geschlossenen und einheitlichen Regelungswerk ein unübersichtlicher, aus sich heraus nicht mehr allein verständlicher Gesetzestext mit einer Vielzahl von Verweisungen geworden ist. Dies erschwert es dem einzelnen Vermittler, die Einhaltung seiner Berufspflichten von sich aus nachzuvollziehen und sicher zu stellen. Der Gesetzgeber sollte immer auch berücksichtigen, an wen er sich mit seinem Regelwerk richtet.
Das neue Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums zur geplanten Verlagerung der Aufsicht über die Vermittler auf die BaFin enthält weit weniger gravierende Einschnitte als befürchtet. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Wir haben weiterhin wenig Verständnis für den grundsätzlich verfolgten Ansatz, die Aufsicht über die Vermittler auf die BaFin zu verlagern. Eine Stärkung der BaFin in ihren zentralen Aufgaben hätte einen deutlich höheren volkswirtschaftlichen Nutzen. Das Eckpunktepapier berücksichtigt jedoch viele Forderungen, die wir in Hintergrundgesprächen einbringen konnten. Es ist zu begrüßen, dass die FinVermV als eigenständige Regulierung für die Anlagevermittler erhalten bleiben soll und es nicht einfach zu einer Übertragung der WpHG-Vorschriften kommt. Auch dass man erkannt hat, dass eine Mitgliedschaft in der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierunternehmen unangemessen wäre, ist positiv. Das Fazit ist daher gemischt. Ein überflüssiger Gesetzgebungsakt, auch wenn er weniger schlimm ausfällt, bleibt unnötig.
Und was wird aus dem Provisionsdeckel in der Lebensversicherung, den die Bundesregierung immer wieder verschiebt?
Noch ist es zu früh, hier Entwarnung zu geben. Es zeigt sich jedoch, dass es sich gelohnt hat, die eigene Haltung klar zu artikulieren und früh auf die fehlerhaften Ansätze der verantwortlichen Ministerien bei dem gesetzgeberischen Vorhaben hinzuweisen. Die gemeinsame Einschaltung von Verfassungsrechtlern zusammen mit dem AfW und der BFV hat ein klares Ergebnis gebracht. Dieses Engagement ist nicht ohne Wirkung geblieben. Ich erwarte vor dem Hintergrund der klaren Haltung der Fachpolitiker der CDU/CSU-Fraktion gegen einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung, dass die mit dem Gesetzgebungsverfahren befassten Ministerien nicht versuchen, ein Gesetz gegen die begründete Position der Parlamentarier durchzusetzen. Es zeigt sich, dass für eine derartig radikale Abkehr von der Marktwirtschaft keine Mehrheiten bestehen.
Quelle: https://www.cash-online.de/versicherungen/2019/ueberfluessiger-gesetzgebungsakt/477099#