„Unvorstellbar, dass sich ein 34f-Vermittler dem Thema entzieht“ - Interview mit Martin Klein

"DAS INVESTMENT"-Interview mit VOTUM-Chef Martin Klein zur Offenlegungsverordnung

Am 10. März soll die europäische Offenlegungsverordnung wirksam werden, doch gilt sie auch für 34f-Vermittler? Auch wenn das Bundesfinanzministerium das vorerst verneint haben sollte - Finanzanlagenvermittler werden um das Thema kaum herumkommen, schätzt man bei den Beraterverbänden AfW und Votum.

Ab dem 10. März gilt die europäische Offenlegungsverordnung. Der europäische Gesetzgeber will mit ihr Finanzberater zu Transparenz verpflichten: Die Profis sollen darlegen, ob und gegebenenfalls wie sie das Thema Nachhaltigkeit in ihre Kundenempfehlungen einbeziehen. Die Regeln sollen für „Finanzmarktteilnehmer“ und „Finanzberater“ gelten. Neben Produktanbietern wie Fondsgesellschaften und Versicherungen ist maßgeblich also auch der Vertrieb angesprochen – soweit es um Beratung und nicht reine Vermittlung von Produkten geht. Auch Versicherungsvermittler, die zu versicherungsbasierten Anlageprodukten beraten, schließt die Verordnung ein.

In den vergangenen Tagen kam die Frage auf, ob auch Finanzanlagenvermittler mit Lizenz nach Paragraf 34f Gewerbeordnung unter die Verpflichteten der Offenlegungsverordnung fallen. Laut einem Medienbericht hätten das Bundesfinanzministerium sowie die Bafin das auf Anfrage verneint.

Jetzt haben die Beraterverbände AfW und Votum dazu Stellung bezogen. Beide Verbände empfehlen unisono: Auch 34f-Vermittler sollten die Pflichten der Offenlegungsverordnung in ihren beruflichen Kanon aufnehmen. Denn dass 34f-Vermittler, die in Deutschland per Bereichsausnahme nach Gewerbeordnung tätig sind, nicht unter die Verordnung fallen sollten, könnte möglicherweise ein Versehen des EU-Gesetzgebers sein.

Gerade mit Blick auf die dann erfolgende Unterscheidung beim Verkauf von Finanz- und Versicherungsanlageprodukten würde das der Gesetzeslogik widersprechen. „Es ist nicht vermittelbar, dass ein Vermittler mit 34d-Zulassung bei der Vermittlung einer Fondspolice ESG-Pflichten zu beachten hat und ein Vermittler mit 34f-Zulassung bei der Vermittlung vielleicht derselben Fonds, die auch in der Fondspolice enthalten sind, solche Pflichten nicht hat“, meint AfW-Vorstand Norman Wirth. Immerhin hätten neun von zehn 34f-Erlaubnisträgern ebenso eine Gewerbeordnungserlaubnis nach Paragraf 34d. Viele vermittelten auch Versicherungsanlagen. „Insofern eine Trennung herbeizureden, die erkennbar vom EU-Gesetzgeber nicht gewollt war und auch nicht sinnvoll ist, ist nicht unser Ansatz", so Wirth.

Auch beim Vermittlerverband Votum ist man skeptisch mit Blick auf eine Ausnahme für 34f-Vermittler. Immerhin werde Nachhaltigkeit für die Finanzbranche gerade zum Mega-Thema. „Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Kapitalanlage wird eines der maßgeblichen Themen der nächsten Jahrzehnte werden“, so Votum-Chef Martin Klein. „Es ist schlicht nicht vorstellbar, dass sich ein professioneller Finanzanlagevermittler mit Paragraf-34f-Erlaubnis diesem Thema entzieht und hierzu gegenüber seinen Kunden keine Informationen erteilt.“

Beratungsunternehmen wie Banken und Vermögensverwalter müssten sich in dem Bereich positionieren. Das sollten auch Finanzanlagenvermittler tun, um im Wettbewerb bestehen zu können, rät man bei Votum. Immerhin sei das Thema auch einer wachsenden Zahl von Kunden wichtig. „Anlagevermittler sollten daher den Termin des Inkrafttretens der Transparenzverordnung als Ausgangspunkt dafür nehmen, zum Thema Nachhaltigkeit mit ihren Kunden in den Dialog zu treten, unabhängig davon, ob die Verordnung bereits jetzt für sie Gesetzeswirkung entfaltet“, so Klein.

Wenn AfW und Votum von einem „Versehen“ ausgehen, durch das die Offenlegungsverordnung hiesige 34f-Vermittler nicht erfasst – könnte gesetzlich möglicherweise noch nachgebessert werden?

„Zum einen könnte der deutsche Gesetzgeber die Initiative ergreifen und die Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) um eine entsprechende Informationspflicht zu den Nachhaltigkeitsfaktoren einer Finanzanlage ergänzen, dies beispielsweise in Paragraf 13 FinVermV“, sagt Votum-Chef Klein. Und auch auf EU-Ebene gäbe es die Möglichkeit: Der EU-Gesetzgeber könnte Artikel 2 Nr. 11 der Verordnung ergänzen. Dann würde sich die Offenlegungsverordnung auch auf jene Unternehmen erstrecken, für die die EU-Mitgliedsstaaten gemäß der Richtlinie Mifid II (Artikel 3) eine Ausnahme in Anspruch nehmen können – wie sie hierzulande für Finanzanlagenvermittler gilt.

Die Verbände AfW und Votum haben vor einigen Tagen gemeinsame Empfehlungen zur Umsetzung der Offenlegungsverordnung für Berater veröffentlicht. Die Tipps dürften ohne größeren Aufwand umsetzbar sein, meint AfW-Chef Wirth. Es sei angeraten, dass auch 34f-Vermittler sie beherzigten.

Das Interview führte DAS INVESTMENT-Journalistin Iris Bülow und kann hier nachgelesen werden.

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